SPA035 ...in dem sich Weltflucht als politisch herausstellt

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Stefan
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Daniel
Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer* Jim Knopf und die Wilde 13*
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14 Gedanken zu „SPA035 ...in dem sich Weltflucht als politisch herausstellt

  1. Lars

    Vielen Dank und willkommen zurück, Daniel! Die Folge war für mich, als jemanden, der Jim Knopf und Lukas hauptsächlich aus der Augsburger Puppenkiste kennt ein echter Erkenntnisgewinn.

    Ihr habt euch da am Ende übrigens Teile von Brechts Dramentheorie hergeleitet und sogar brecht’sches Vokabular benutzt (“Verfremdungseffekt”).

    Der “Shitstorm”, den ihr am Ende erwähnt ist wirklich unsäglich und hat mittlerweile Ausmaße angenommen, die dazu geführt haben, dass das Ganze auf dem Titel der New York Times gelandet ist. Mir persönlich macht es vor allem Firefly madig, weil ich Adam Baldwin immer anschreien will, wenn er zu sehen ist, da er einer der prominenten Rädelsführer dieser misogynen Kampagne ist. Anderen geht es da nicht so gut, die mussten aus ihren Häusern ausziehen oder haben ihre Jobs hingeschmissen. Das ganze Ding ist so verdammt rückwärtsgewandt und deshalb so deprimierend.

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    1. Daniel

      Vielen Dank!

      Das mit dem Verfremdungseffekt hab ich letzten Endes von Brecht – wenn auch über die bei mir ja gerne mal genommenen Comic-Umwege, in diesem Fall “The League of Extraordinary Gentlemen – Century: 1916” von Alan Moore und Kevin O´Neill. Die spielen auch mit Brechtschen Elementen (u. a. Teile aus der Dreigroschenoper) und als ich darüber was gelesen hab, ist dann ein bisschen Brecht bei mir hängen geblieben…

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  2. Pingback: Die letzten und nächsten 24h, Dienstag, 21.10.2014 | die Hörsuppe

  3. Erik der Wikinger

    Wieder mal eine wundervolle Folge und ein Genuss euc zuzuhören!
    Das Chesterton-Zitat lautet laut Wikiquotes übrigens: “Fairy tales do not give the child his first idea of bogey. What fairy tales give the child is his first clear idea of the possible defeat of bogey.” Der ‘dragon’ tauchte dann später in einer Paraphrase auf.

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  4. François Rabelais

    Mhh, jetzt habe ich mich zum Schluss etwas über euch geärgert … oder nein, geärgert ist zu hart, aber ich war zumindest verwundert und leicht verstimmt.

    Ihr verwendet relativ viel Zeit darauf, euch darüber zu echauffieren, dass Michael Ende vorgeworfen wurde, hier ein unpolitisches, rein eskapistisches Buch geschrieben zu haben und argumentiert – imo durchaus richtig – dass man sehr wohl politisches und lehrhaftes aus dem Text ziehen kann.

    Aber warum muss man das denn? Kann man einen Text nicht einfach mal lesen, weil man sich dem Eskapismus hingeben will? Warum muss denn ein Kind aus einer Geschichte etwas lernen? Warum muss es denn politische Position beziehen? Reicht es nicht, die Geschichte um ihrer selbst Willen zu lesen? Sich seiner Fantasie hinzugeben? Eure Argumentation ist so “typisch deutsch”, geprägt von calvinistischer Tugend und preußischem Drill.

    (Überspitzt gesagt, bitte nicht zu ernst nehmen … 😉 … ich halte es aber tatsächlich für typisch deutsch, nicht umsonst sind wir die Nation, in der die Unterscheidung zwischen A- und E-Musik erfunden wurde, gell?)

    Ansonsten würde ich gerne einen Podcast zu Michael Endes “Der Spiegel im Spiegel” hören; ein Buch, dem es gelang, mir, wenn ich es nach längerem Lesen beiseite gepackt habe, ein Gefühl des Aufwachens aus einem Traum zu vermitteln. Sehr abgefahren. Ähnlich lesenswert ist auch Endes “Das Gefängnis der Freiheit”.

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    1. Daniel

      Hallo François,
      erstmal vielen Dank für´s Hören und Kommentieren! Ich versuche mal zu antworten, der erste Teil der Antwort versöhnt Dich vielleicht ein bisschen, über den anderen ärgerst Du Dich wohlmöglich nochmal… Also:

      1. Was im Eifer des Podcastens vielleicht ein bisschen untergegangen ist: Ich rede eigentlich grundsätzlich nie über das Buch an sich, sondern immer über etwas, was zwischen mir und dem Text passiert. Die Aussage ist also nicht: “Das ist ein politisches Buch” (das wäre eine Aussage über das Buch), sondern “Für mich stecken da politische Themen drin” (das ist eine Aussage über mich).
      Das heißt aber weder, dass das für alle anderen Menschen auch so sein müsste, noch dass ich nicht einfach die wirklich gute Abenteuergeschichte genießen könnte (das sind in meinem Kopf zwei getrennte Zugänge zu einem Buch). Es handelt sich für mich also weniger um “Tatsachen”, sondern eben um meine Interpretation. Die muss ja aber nicht jede/r teilen.

      That being said…
      2. Natürlich muss man die politische Ebene nicht mitdenken und es reicht, die Geschichte als Geschichte um ihrer selbst Willen zu lesen. Aber dann bleibt man bei der Frage: “Worum geht´s?”. Sobald die Frage “Worum geht´s wirklich?” gestellt ist, kommt man nicht umhin, hinter die Geschichte zu gucken. Und ich hab zumindest noch kein gutes Buch gelesen, das nicht immer auch (!) eine zweite Ebene gehabt hätte.
      Und natürlich muss man diese zweite Frage nicht stellen. Aber sie ist Teil unseres Podcast-Konzepts. Und dann landen wir eben gerne mal bei großen Themen…

      Hoffe, das ärgert Dich jetzt nicht noch mehr!
      Grüße Daniel

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  5. apbeezle

    wow schon Folge 35!
    ich habe mich immer gefragt wann die nächsten Folgen kommen und warum ihr aufgehört habt . habt ihr Ende 2012 den Feed umgestellt? ich habe seit dem keine neuen Folgen mehr bekommen. nur durch Zufall habe ich einen inzwischen nach ganz unten gerutscht Podcast wieder gefunden und dachte mir schauen wir mal warum es nicht weitergeht… jetzt weiß ich es.

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    1. APBeezle

      Ich habe euch im Pocketcasts Verzeichnis glücklicherweise gefunden. Jetzt habe ich euch doppelt Abonniert, einmal den “alten” Feed und den neuen, mit allen Folgen. Ich schiebe die Schuld einfach mal auf Pocketcasts. Keine Ahnung was da passiert ist…..

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  6. Bernhard

    Zu der Folge habe ich nicht mehr zu sagen als mal wieder äusserst unterhaltend und interessant, was ihr da herausholt.
    Ich habe da mehr eine Hausmeisterfrage. Was ist mit eurem opus-feed los? Bekomme heute alle mögliche Folgen nochmal, als mp3-Dateien.

    Antworten
    1. Stefan Beitragsautor

      Was ist mit eurem opus-feed los? Bekomme heute alle mögliche Folgen nochmal, als mp3-Dateien.

      Huch? Danke für den Hinweis. Ich gehe dem mal nach.

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  7. Sternenguckerin

    Hallo zusammen!
    Ich bin hier über den Troja-Alert gelandet und bin total begeistert!
    Gerade zu dieser Episode brannte mir dann ein etwas längerer Kommentar auf den Nägeln…

    @Francois:
    Du schreibst:
    “Aber warum muss man das denn? Kann man einen Text nicht einfach mal lesen, weil man sich dem Eskapismus hingeben will? Warum muss denn ein Kind aus einer Geschichte etwas lernen?”
    Müssen tut man ja zum Glück überhaupt nichts, wenn es um`s Lesen oder Verarbeiten von Geschichten geht…
    Allerdings war Michael Ende ja nun keinesfalls jemand, der einfach nur so ein paar fröhliche Stories aufgeschrieben hat, sondern jemand mit Botschaft, mit Gesellschaftskritik und mit moralischem Anspruch im Gepäck.

    Persönlich finde ich es hochspannend, mich mit den Helden meiner Kindheit nochmal neu auseinander zu setzen, auch auf die Gefahr hin, dass manches vielleicht danach etwas weniger strahlt als noch zu Kinderzeiten.
    Ich habe z.B. als Kind die Jim-Knopf Geschichten vorgelesen bekommen, und später als Teenie-Leserin selbst nochmal nachgelesen, und ich habe ganz lange einfach nur die Geschichte “konsumiert”, mich hinein fallen lassen und sie genossen.
    An der Uni dann habe ich eine Hausarbeit über Jim Knopf geschrieben, weil es in einem Seminar über Kinder,- und Jugendliteratur auf der Auswahlliste stand. Ich dachte “cool, da schau ich dann mal mit pädagogisch-kulturwissenschaftlichem Auge drauf” (also mit studentischem natürlich!) mal sehen was passiert.
    Ich war dann tatsächlich erstmal vollkommen abgenervt, weil ich beim näheren Hinschauen komplett enttäuscht von den Frauen in der Story war. Gerade *weil* es in den 60`gern geschrieben wurde, wo durchaus schon progressivere Mädchen-Figuren in der Literatur zu finden waren, sprang mir das plötzlich regelrecht ins Auge.
    Li-Si bekommt zu ihrer Hochzeit ein Waschbrett geschenkt und lernt dann bei Frau Waas, wie man kocht und den Haushalt führt. Noch fragen? Ok, sie ist als Charakter kein typisches hilfloses Weibchen, und den Ruf nach mehr Bildung für Mädchen hat auch Michael Ende mitgetragen. Da gab`s und gibt`s schlimmeres 😉
    Aber es bleibt eine Jungens-Geschichte – wenn auch eine, die “für alle” ist und ich liebe sie immer noch, auch nach der kritischen Durchleuchtung.
    Manche Interpretatoren betrachten übrigens auch Emma und Molly als Frauenfiguren (immerhin “gebiert” Emma die kleine Molly und diese kann anfangs auch noch nicht alleine fahren, sondern bleibt durch eine Kette mit der “Mutter” verbunden), oder auch Frau Malzahn, die ja als “böse” Lehrerinnen-Figur dann in die Transformation geht und zur “weisen Frau” wird. Nachdem sie von Männern entführt und überwunden wird versteht sich 😉

    Zum Vorwurf der Weltfremdheit:
    Ich kann den heute besser nachvollziehen, aber ich denke, es meint eher Michael Ende`s Weltanschauung und nicht den vordergründigen Plot der Geschichte.
    Ende hat Gesellschafts,- und Sozialkritik geübt, er hat das Schulwesen angegegriffen (und seine Waldorf,- und Anthroposophie-Erfahrungen gegenüber gestellt) und Kapitalismuskritik geübt.
    Insofern war er natürlich überhaupt nicht weltfremd, und wer Eskapismus auf die Story an sich bezieht, liegt damit auch meiner Ansicht nach falsch, da stimme ich Euch Podcastern zu.
    Aber wenn es um die Hintergründe geht, um Ende`s Suche und Streben nach “mehr” in Bezug auf das, was Ihr vielleicht “Spiritualität” nennt, oder andere nennen es Esoterik oder Okkultismus, wenn es um seine persönliche Weltanschauung geht, dann kann ich mit “weltfremd” schon eher etwas anfangen, weil er mir da viiiiiel zu idealisierend, romantisierend und moralisierend rüber kommt. Da ist er eben schon ganz “Märchenonkel” – aber Märchen haben ja auch keinen reinen Unterhaltungswert, sondern sind oft moralische Lehrstücke, da schliesst Ende nahtlos an, finde ich.
    Märchen sind insofern natürlich auch gewissermaßen “weltfremd” weil sie Figuren idealisieren, dämonisieren oder überhaupt mit Eigenschaften ausstatten, die durchschnittliche Menschen nicht haben.
    Also ist Lukas eben super mutig und haut nicht vor Herrn Tur-Tur ab, er ist ohne Angst und Vorbehalte, ein Ideal also, jenseits der Realität.
    Und er symbolsiert den Aufklärer, der hinschaut und es genauer wissen und verstehen will.
    Auch in Jim Knopf findet man jede Menge mystische, esoterische (manche meinen auch anthroposophische, aber das kann man ja fast nicht trennen) Elemente, allerdings nicht so offensichtlich wie in Momo oder der unendlichen Geschichte.
    Wenn Ihr sagt, dass gerade in Jim Knopf eher so “erfrischend wenig” dieser Hinweise auftauchen, dann helfe ich gerne mal ein bisschen auf die Sprünge 😉
    Zwar kommt Lukas recht handfest-mechanistisch auf die Idee, dass Nepomuk sich nur mal ordentlich sauber machen muss, dann klappt`s auch wieder mit dem Feuerspeien. Aber in Nepomuk selbst hat Ende schon die “Vereinigung von Ur-Elementen” angelegt, (Feuer und Wasser: Drache und Nilpferd, sehr niedlich aber keinesfalls zufällig). Sie haben nur noch ein bissl Ladehemmungen.
    Auch der eiserne Magnetberg und das Meeresleuchten, was nur durch eine Art persönliches Opfer (das permanente Verbleiben einer Person auf dem Magnetberg) funktionieren kann, also durch ein Wesen, was zu langer Einsamkeit, Askese und großer Verantwortung fähig ist.
    Ein weiteres, wiederkehrendes Motiv ist die Transformation zu einem “höheren Zustand”.
    Z.B. symbolisiert durch die Geschichte der Drachen, die durch eine Art Todeszustand gehen müssen (langer Schlaf) um danach geläutert zu erwachen und fortan als weise gelten, weil sie durch ihre Transformation Zugang zu anderen “Wissensstufen” oder “Erkenntnisstufen” erlangt haben.
    Auch Nepomuk ist von einem einfachen, etwas unbeholfenen Wesen zu einem wichtigen Wächter geworden, dem eine ungeheure Verantwortung auferlegt werden konnte. Das ist schon etwas mehr als das vordergründige “den eigenen Platz in der Welt finden” – auch wenn das natürlich auch da drin steckt, oder sowas wie “jeder ist wichtig”.
    Genauso die Transformation der “dummen” Piraten zur Leibwache des neuen Prinzen (auch durch eine Art Tod, immerhin ertrinken sie fast bei der Versenkung des Landes, was nicht sein darf) – und klar, die Prinzen-Geschichte selbst. Da drin steckt ja dann sogar noch die Moses-Findelkind-Geschichte und andere christlich-religiöse Anspielungen.
    Insofern finde ich schon, dass Ende absolut nicht sparsam mit diesen Elementen umgeht.
    Ob man das nun kritisieren will oder nicht, ist ja eine ganz andere Geschichte.
    Ich finde es einfach total spannend, und es hat mir bis heute nicht den Spaß an der Story genommen.

    Danke jedenfalls für diesen Ritt durch meine Kindertage…

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